Wasserstoff: Leichter als Luft

So funktioniert's

Wasserstoff (H) ist das häufigste im Universum vorkommende Element – er ist Bestandteil des Wassers (H2O) und praktisch aller organischen Verbindungen.

Des Weiteren ist Wasserstoff das chemische Element mit der geringsten Atommasse. Der atomare Wasserstoff H kommt in unserem Alltag allerdings nicht vor, hingegen der molekulare Wasserstoff schon: H2, ein unsichtbares, farb- und geschmackloses sowie ungiftiges Gas (mehr zum chemischen Element auf Wikipedia). Es ist 14x leichter als Luft und hat eine sehr tiefe volumetrische Energiedichte (Energie pro m3). Wasserstoff enthält pro Masse sehr viel Energie (Brennwert), etwa 3x mehr als Benzin oder 7x mehr als Holzpellets.

Wasserstoff kann über diverse Wege gewonnen werden. Die heute weitverbreitetste Methode ist die Dampfreformierung von Erdgas. Dabei wird Erdgas (CH4) erhitzt, aufgespalten und reagiert mit dem Wasserdamfp; es entsteht dabei sogenannter grauer Wasserstoff und es wird CO2 emittiert. Wird das anfallende CO2 eingefangen und permanent gelagert, nennt man den Wasserstoff blau und er ist entsprechend CO2 arm. Heute erfolgt dies sehr selten. Eine weitere Methode verwendet Wasser und nicht Erdgas als Ausgangsstoff. Das Wasser wird mittels Elektrolyse in Wasser- und Sauerstoff aufgespalten. Ist der dazu verwendete Strom erneuerbar, nennt sich der so gewonnene Wasserstoff grün.

Da sowohl Transport wie auch Lagerung von Wasserstoff umständlich sind, kann dieser zu einfacher handzuhabenden Produkten weiterverarbeitet werden. Eine Möglichkeit besteht darin, der Umgebungsluft Stickstoff zu entnehmen und den Wasserstoff mit diesem zu Ammoniak zu verarbeiten. Eine andere Möglichkeit besteht darin, der Umgebung CO2 zu entnehmen und den Wasserstoff damit entweder zu Methan oder Methanol zu verwandeln. Diese Derivate können als Energieträger oder als chemische Ausgangsstoffe verwendet werden. 

Es besteht aber auch die Möglichkeit, den Wasserstoff wieder in Strom umzuwandeln, was im nächsten Abschnitt erklärt ist. Es ist jedoch hervorzuheben, dass jeder Umwandlungsschritt mit Effizienzverlusten verbunden ist.

Umwandlung in Elektrizität

Die erneute Umwandlung von Wasserstoff in Elektrizität kann entweder thermomechanisch erfolgen oder in einer Brennstoffzelle. Diese Brennstoffzelle ist ein elektrochemischer Apparat zur direkten Umwandlung der chemischen Energie eines Brennstoffs in Elektrizität.

Ähnlich wie Batterien produzieren Brennstoffzellen Gleichstrom bei niedriger Spannung. Eine Batterie verbraucht dabei einen chemischen Stoff, der in dem Zellenblock selbst enthalten ist. Bei den Brennstoffzellen dagegen wird der Brennstoff dem Zellenblock kontinuierlich zugeführt, ähnlich wie Benzin- oder Dieselkraftstoff bei einem Verbrennungsmotor.

Unser Wasserstoff

Axpo möchte den Aufbau der Wasserstoff-Wirtschaft in der Schweiz aktiv vorantreiben. Hierzu sind Kompetenzen in der Projektierung von H2-Produktionsanlagen, ihrem Betrieb, der Einsatzoptimierung und der Vermarktung des Wasserstoffs erforderlich. Axpo tritt als Produzentin von grünem Wasserstoff auf und setzt zudem ihr Know-How als kompetente Projektpartnerin ein. 

Axpo unterstützt bestehende Schweizer Verbraucher des grauen Wasserstoffs beim Wechsel hin zu grünem Wasserstoff und sucht aktiv nach Partnern. Zudem plant Axpo die Herstellung und den Import von CO2-freien Wasserstoffderivaten und nimmt eine führende Projektrolle ein. 

Axpo verfolgt mehrere Projekte in der Schweiz und Europa: 

Kraftwerk Reichenau (2,5 MW)

Nach dem Baubewilligungsverfahren haben Axpo und Rhiienergie am 23. Januar 2023 die Bauarbeiten der 2.5 MW-Wasserstoffproduktionsanlage beim Wasserkraftwerk Reichenau begonnen. Die Anlage wird direkt ans Wasserkraftwerk Reichenau angeschlossen, an welchem Axpo eine Mehrheitsbeteiligung hält. Sie wird mit Schweizer Wasserkraft jährlich bis zu 350 Tonnen grünen Wasserstoff produzieren. Das entspricht rund 1,5 Millionen Liter Dieseltreibstoff, der künftig im Kanton Graubünden und im angrenzenden Rheintal eingespart werden kann. Der grüne Wasserstoff wird von der Produktionsanlage direkt an Tankstellen geliefert. Alternativ kann er auch einen Beitrag zur Dekarbonisierung von Industriebetrieben leisten. Die Inbetriebnahme ist für Herbst 2023 geplant. Axpo und Rhiienergie investieren gemeinsam mehr als acht Millionen Franken in die Anlage im Kanton Graubünden.

Kraftwerk Wildegg-Brugg (bis 15 MW)

Am Industriestandort Wildischachen in Brugg (AG) soll eine weitere klimafreundliche Wasserstoffproduktionsanlage entstehen, die gleichzeitig die grösste Wasserstoffanlage der Schweiz wird. Axpo, Voegtlin-Meyer, die IBB Energie AG (IBB) und die Stadt Brugg haben entsprechende Absichtserklärungen unterzeichnet. Axpo plant, sauberen Wasserstoff aus einheimischer Wasserkraft direkt via Pipeline zur nahegelegenen Tankstelle von Voegtlin-Meyer zu liefern. Von dort aus wird der grüne Wasserstoff privaten Nutzern zur Verfügung gestellt und für die im Auftrag der PostAuto AG be-triebenen Busse eingesetzt werden. Mit der produzierten Menge können jährlich rund 300 Lastwagen, Postautos oder Busse betrieben werden.

43-Prozent-Beteiligung an Swiss Green Gas International 

Axpo ist zu 43% an Swiss Green Gas International, kurz SGGI, beteiligt. Das 2020 gegründete Gemeinschaftsunternehmen plant und realisiert Power-to-X-Anlagen in Nordeuropa (mehr zur Power-To-X auf Wikipedia). Die Anlagen erzeugen aus erneuerbarem Strom Wasserstoff und synthetisches Methan (grünes Gas). Damit soll der dringend beschleunigte Ausstieg aus den fossilen Energieträgern gefördert werden. Weitere Aktionäre von SGGI sind Holdigaz, die vorwiegend die Kantone Waadt, Wallis und Freiburg mit Gas versorgt, und Nordur Group, eine Entwicklungs- und Investitionsgesellschaft.

Pilotprojekt in Italien zusammen mit ABB 

Zusammen mit ABB plant Axpo die Entwicklung eines Pilotprojekts in Italien. In dessen Rahmen sollen Technologien entlang der gesamten Lieferkette von grünem Wasser-stoff erforscht und die Machbarkeit in der Produktion getestet werden. Die Absichtserklärung umfasst auch die Beteiligung an Forschungs- und Entwicklungsprojekten, die von der Europäischen Union finanziert werden, sowie die Unterstützung bei Finanzierungen.

Welche Lösungen Axpo ihren Kunden anbietet, sind im Kunden-Bereich zu sehen.

Wasserstoff von A-Z

Wie Strom ist auch Wasserstoff nicht per se grün. Je nach Herstellungsart wird der Wasserstoff anders benannt. Eine kleine Farbenlehre:

Die wichtigsten Antworten zu Wasserstoff

Grüner Wasserstoff wird durch die Elektrolyse von Wasser hergestellt. Dafür wird 

Strom aus erneuerbaren Energiequellen wie Wasserkraft, Wind- und Solarenergie ein-gesetzt. Grüner Wasserstoff ist deshalb CO2-frei.

Grauer Wasserstoff wird mittels Dampfreformierung meist aus Erdgas hergestellt. Dabei entstehen rund 10 Tonnen CO2 pro Tonne Wasserstoff (siehe Factsheet, PDF). Das CO2 wird ungenutzt in die Atmosphäre abgegeben. Dampfreformierung ist der in Europa meist verbreitete Prozess.

Blauer Wasserstoff ist grauer Wasserstoff, bei dessen Entstehung das CO2 teilweise abgeschieden und im Erdboden gespeichert wird (CCS, Carbon Capture and Storage). 

Türkiser Wasserstoff ist Wasserstoff, der über die thermische Spaltung von Methan (Methanpyrolyse) hergestellt wird. Anstelle von CO2 entsteht dabei fester Kohlenstoff. Das Verfahren der Methanpyrolyse befindet sich derzeit noch in der Entwicklung.

Gelber Wasserstoff ist Wasserstoff, der sich aus dem Strommix im bestehenden Netz zusammenstellt. In der Schweiz ist dies Strom hauptsächlich aus Wasser- und Kernkraft.

Pinker Wasserstoff wird mit Strom aus Kernkraft hergestellt. Kernkraft ist im Betrieb nahezu CO2 frei, aber ihre Energiequelle nicht erneuerbar.

Einsatzmöglichkeiten

Wasserstoff ist grob gesagt aus zwei Gründen interessant, einerseits als chemischer Grundstoff und zweitens als Energieträger. Heute wird Wasserstoff fast ausschliesslich als chemischer Grundstoff (z.B. für die Produktion von Düngemittel oder in Raffinerien) eingesetzt.

In Bezug auf die Dekarbonisierung sind folglich zwei Aspekte anzugehen:

  1. In den bestehenden Anwendungen muss der graue Wasserstoff mit klimaneutralem Wasserstoff ersetzt werden.
  2. Sein Potential als Energieträger muss genutzt werden.

Wasserstoff ist somit für die Energiewende unumgänglich. Erstens erlaubt er es, schwer zu elektrifizierende Bereiche wie den Transport (z.B. Gütertransport, Schiff- und Flugverkehr) zu entkarbonisieren. Zweitens kann er als Energieträger dazu dienen, Strom aus erneuerbaren Energien zu lagern und in Form von Derivaten über lange Strecken zu transportieren. Dies erlaubt die Produktion erneuerbarer Energie an den günstigsten Standorten und die zeitliche Entkopplung vom Verbrauch.

Nicht überall gleich sinnvoll

Wasserstoff soll dort zum Einsatz kommen, wo eine Elektrifizierung als Ersatz fossiler Energieträger nicht wirtschaftlich oder prozesstechnisch nicht möglich ist.

Diese Grafik stellt eine Vereinfachung dar. Wie «sinnvoll» eine Anwendung ist, hängt auch von den lokalen Gegebenheiten ab.

Ein paar Beispiele

Eine energetisch sinnvolle Herstellung aus Wasserstoff ist Ammoniak. Die Verbindung von Wasser- und Stickstoff wird vor allem als Düngemittel eingesetzt, aber auch in der Chemieindustrie beispielsweise zur Kunststoffproduktion.

Auch zur Erzeugung von Industriewärme eignet sich Wasserstoff – also die zum Be-trieb von Maschinen oder für chemische Prozesse nötige hohe Hitze, die laut Internationaler Energieagentur IEA zwei Drittel des industriellen Energiebedarfs ausmacht und bisher praktisch komplett aus fossilen Brennstoffen stammt.

Ein weiteres Beispiel ist die Stahlproduktion, wo grosse Mengen an CO2 anfallen: Um Stahl aus Erz zu lösen, soll Wasserstoff statt der heute genutzten Kokskohle eingesetzt werden. 

Auch dort, wo lange Distanzen zurückgelegt werden müssen, gilt Wasserstoff als Option. Der Flugzeugkonzern Airbus etwa plant, ab 2035 Wasserstoff-Flugzeuge in Serie zu produzieren. Weiter kann Wasserstoff das Schweröl in Schiffen oder den Diesel in Lastwagen ersetzen. Bei PKWs dürfte sich der Einsatz von Wasserstoff eher nicht rechnen.  

Und: Mit Wasserstoff und seiner Speicherfähigkeit in Form seiner Derivate lassen sich Angebot und Nachfrage beim Strom ausgleichen, die mit dem Ausbau der erneuerba-ren Energien vermehrt in Einklang gebracht werden müssen – ein Beitrag zur Versorgungssicherheit mit Strom.

Verwandte Magazinartikel

Alle Magazinartikel

25.05.2023

Die sechs wichtigsten Basics zur Wasserkraft

Sauber, effizient und wichtig für die Versorgungssicherheit

Mehr erfahren

17.05.2023

Erneuerbare weltweit auf Siegeszug

PV, Wind und Co. boomen – aber es braucht weiteres Wachstum

Mehr erfahren

08.05.2023

Caischavedra – Gestern Gigant, heute Zwerg

Vor 30 Jahren baute Axpo die grösste Solaranlage der Schweizer Berge

Mehr erfahren

05.05.2023

Alpine Solar-Grossanlage «Ovra Solara Magriel» in den Startblöcken

Solaroffensive schreitet voran: 10 Megawatt-Anlage oberhalb von Disentis

Mehr erfahren

04.05.2023

Mauern für die Energiewende

Warum höhere Staumauern nicht mehr Wasserkraft bringen – und dennoch sinnvoll sein können

Mehr erfahren

18.04.2023

Windkraft – ja, bitte!

Schweizer Windenergie: Lokale Bevölkerung mit ins Boot holen

Mehr erfahren

Verwandte Medienmitteilungen

Alle Medienmitteilungen

20.03.2023

Axpo startet den Windausbau in Finnland

Mehr erfahren

24.01.2023

Wasserkraftwerk Reichenau produziert künftig auch Wasserstoff

Mehr erfahren

07.12.2022

Axpo bündelt Kapazitäten von Notstromgruppen für Wintermonate und stärkt Stromversorgung der Schweiz

Mehr erfahren

Energiewissen im Überblick

Weitere Themen

Erneuerbare Energien: Stark in der Schweiz und international

Axpo ist die grösste Produzentin erneuerbarer Energien. Wir kennen uns aus mit Wasserkraft, Windkraft, Solarenergie und Biomasse. Hier gibt's die Details dazu.

Mehr erfahren

Solarenergie: Unerschöpflich - auch in der Schweiz

Die Sonne scheint gratis vom Himmel – allerdings nicht 24 Stunden lang. Wie man mit Photovoltaik Strom aus Sonnenlicht gewinnt, und was Axpo da tut, wird hier erklärt

Mehr erfahren

Pumpspeicherwerk Limmern: Batterie in den Bergen

Ein Pumpspeicherwerk funktioniert wie eine grosse Batterie. Wie das genau geht und was das mit der Versorgungssicherheit der Schweiz mit Strom zu tun hat, lesen Sie hier.

Mehr erfahren