22.11.2022 | Axpo geht in die Solaroffensive: Winterstrom von den Alpen und der Autobahn

Solarstrom für mehr als 300000 Schweizer Haushalte

Jeanette Schranz

Autorin

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Das ging ruckzuck. In nur einer Session haben die eidgenössischen Räte die dringlichen Massnahmen zur mehr Stromproduktion im Winter unter Dach und Fach gebracht. Weniger Hürden, schnellere Verfahren – gerade auch für grosse, alpine Solaranlagen. Axpo ist bereit. Sie plant bis 2030 den Zubau von 1,2 Gigawatt Solarstrom aus alpinen Grossanlagen, Freiflächen und von Gebäudedächern. Andelko Suker, Leiter PV-Kraftwerke in der Axpo Gruppe, erläutert die Ausbaupläne und sagt, was er sich auf mittelfristige Sicht von der Politik wünscht.

Andelko, die Politik hat angesichts der drohenden Stromknappheit im Winter den Weg für den Bau grosser, alpiner PV-Anlagen freigemacht. Wird Axpo nun mit dem Segen der Politik unsere Berge mit PV-Anlagen zupflastern?

Mit dem geplanten Zubau von 1,2 Gigawatt – davon gut die Hälfte mit alpinen Solarstrom – können wir mehr als 300'000 Schweizer Haushalte pro Jahr mit sauberem Strom versorgen. Damit leisten wir insbesondere im Winter einen wertvollen Beitrag zu einer nachhaltigen und sicheren Stromversorgung. Und bei einem Ausbau von rund 600 MW in den Bergen kann man nun wirklich nicht von «Zupflastern» sprechen.

Wo aber sind die Grenzen für den Zubau solcher Anlagen?

Es gilt sorgfältig abzuwägen zwischen dem fundamental wichtigen Gut «sichere Stromversorgung» und dem Eingriff in die Umwelt. Die dringliche Vorgabe – und das sieht Axpo ebenso – sieht vor, dass weiterhin Rücksicht auf Natur und Landschaft genommen werden muss. Auch ist eine Umweltverträglichkeitsprüfung weiterhin notwendig. PV-Anlagen werden auch künftig nicht überall zugelassen sein – beispielsweise nicht in Biotopen von nationaler Bedeutung oder in Vogelreservaten.  

Die gesetzlichen Bestimmungen sind seit Anfang Oktober in Kraft und gelten bis Ende 2025 oder bis 2 Terawattstunden zusätzliche, jährliche Gesamtproduktion zugebaut sind. Hat Axpo bereits konkrete Projekte in petto?

Das haben wir. Im bündnerischen Tujetsch planen wir den Bau der Anlage NalpSolar. Das Projekt wird von der Gemeinde gutgeheissen und ist in der Planung fortgeschritten. Voraussichtlich starten wir mit den Arbeiten 2024. Im Herbst 2025 sollte die Anlage vollständig in Betrieb sein.  

Wie gross wird sie werden?

Insgesamt sollen 30'000 Module auf einer Freifläche von rund acht Hektaren installiert werden, was in etwa einer Fläche von 12 Fussballfeldern entspricht. Die Anlage gliedert sich dabei an jene des Stausees Lai da Nalps an. Die Infrastruktur aufgrund des Wasserkraftwerks ist also bereits vorhanden und der landschaftliche Eingriff sehr begrenzt und konzentriert.

Wie sieht es mit der erwarteten Stromproduktion von NalpSolar im Winter aus?  

Sehr gut. Wir bauen NalpSolar auf rund 2000 Metern. Über dem Nebelmeer liefern alpine Anlagen im Winter rund dreimal so viel Strom wie im Siedlungsgebiet. Das ist auf die höhere Sonneinstrahlung aufgrund der dünneren Atmosphäre zurückzuführen. Zudem reflektiert der Schnee die Strahlung. Auch die Effizienz ist dank tieferer Temperaturen höher.

Was hat es mit den sogenannten bifazialen Solarmodulen auf sich?

Diese Module nutzen die einfallende Sonnenstrahlung von beiden Seiten und liefern dadurch mehr Energie als herkömmliche Anlagen. Sie kommen bei NalpSolar zum Einsatz. Die Solarmodule werden auf einer Stahlkonstruktion gut zwei Meter über dem Boden installiert und mit einem Winkel von 75 Grad schräg gestellt, damit die Panels schneefrei bleiben.

Andelko Suker, Head of Photovoltaic Power Plants in the Axpo Group

Axpo hat mit AlpinSolar in den Glarner Alpen – der grössten alpinen Solaranlage der Schweiz – ja bereits Erfahrung mit solchen Anlagen. Haben sich die Erwartungen erfüllt?

Auf jeden Fall. Die Anlage, die Axpo zusammen mit den Industriellen Werken Basel realisiert haben, ist seit Ende August 2022 vollständig im Betrieb. Sie produziert pro Jahr 3,3 Millionen Kilowattstunden Strom – die Hälfte davon im Winter. Die Anlage hat aber nicht nur unsere Erwartungen erfüllt, sondern wir haben bei der Realisierung auch viel an Know-how gewonnen, das wir für die kommenden Projekte nutzen können.

Rechnen sich solche Anlagen überhaupt?

Über die gesamte Lebensdauer hinaus – wir sprechen von rund 25 Jahren – rechnen wir sehr wohl damit, dass die Anlagen wirtschaftlich arbeiten werden. Für die Anlagen lassen sich beispielsweise langfristige Abnahmeverträge zu einem bestimmten Durchschnittspreis vereinbaren, für den sich der Abnehmer im Gegenzug gegen höhere Strompreise absichern kann.

Sind weitere Projekte in den Bergen in der Pipeline?

Ja, wir planen schweizweit weitere Freiflächenanlagen in den Bergen. Dafür sind wir auf geeignetes Land angewiesen. Wir sind daher auch auf der Suche nach weiterem Terrain und pflegen mit Landbesitzern und Gemeinden einen Austausch.

Axpo wird sich jedoch nicht allein auf alpine Anlagen konzentrieren…

…das ist richtig. Sie sind ein Teil unserer Solaroffensive, der andere sind PV-Anlagen in Siedlungsgebieten. Die Räte haben im Herbst ja auch eine Solardachpflicht für Neubauten mit über 300 Quadratmetern Grundfläche beschlossen. Axpo plant zusammen mit der Tochtergesellschaft CKW einen Zubau von jährlich 600 Dachanlagen, die von der CKW-Gebäudetechnik realisiert werden.

Sieht Axpo in Siedlungsgebieten weiteres Potenzial?

Wir werden die Flächen unserer Unterwerke nutzen. Das liegt für uns als Stromunternehmen auf der Hand. Insgesamt rechnen wir bei den ersten Projekten mit einer möglichen Solarleistung von 2 Megawatt.

Wären PV-Anlagen nicht auch entlang von Autobahnen interessant?

Ja, sicher. Wir können vor allem mit Blick auf die Autobahnraststätten mit der Überdachung von Parkplätzen einen wertvollen Beitrag leisten, denn unsere französische Tochter Urbasolar ist genau darauf spezialisiert.

Die Politik hat mit der nun beschlossenen, dringlichen Vorlage einen wichtigen Impuls für den Bau alpiner Anlagen gegeben. Reicht das?

Kurzfristig, also bis Ende 2025, ja. Mittel- bis langfristig brauchen wir mehr tragfähige Rahmenbedingungen für den Ausbau der erneuerbaren Stromproduktion. Solar-Grossanlagen sind jetzt zwar grundsätzlich auch ausserhalb der Bauzone bewilligungsfähig. Besser wäre es, wenn Möglichkeiten geschaffen werden, damit Freiflächen-Anlagen – alpine und andere – in regulären Verfahren bewilligungsfähig gemacht werden können und nicht mehr auf Ausnahmebewilligungen angewiesen sind. Zudem muss sichergestellt werden, dass solche Projekte auch wirtschaftlich sind. Sind sie es nicht, braucht es einen entsprechenden Förderrahmen dazu.

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