21.06.2023 | Nur so wird in den Zubau erneuerbarer Energien investiert

Investitionen brauchen gute und verlässliche Rahmenbedingungen

Die Versorgungssicherheit der Schweiz braucht einen substanziellen Zubau erneuerbarer Energien. Damit dieser Zubau ausgelöst wird, müssen geeignete Rahmenbedingungen für Investitionen herrschen. Doch was heisst das eigentlich? Und wo stehen wir diesbezüglich in den Regulierungsbemühungen? Es geht in die richtige Richtung, bei einigen Aspekten gibt es aber noch Handlungsbedarf.

Im Strommarkt – wie üblich in einem Markt – sind es privatwirtschaftliche Akteure, die aufgrund von betriebswirtschaftlichen Überlegungen in neue Produktionsanlagen investieren. Ob und in welchem Ausmass sie dies tun resp. tun können, hängt von den Rahmenbedingungen ab. Politik und Behörden haben es dabei in der Hand, die Rahmenbedingungen so zu setzen, dass die gesellschaftlichen Ziele wie Versorgungssicherheit und Klimaneutralität erreicht werden. Um die notwendigen Investitionen auszulösen, sind vier Aspekte zentral.

Keine Denkverbote

Erstens sollten die Möglichkeiten für neue Projekte nicht bereits pauschal eingeschränkt werden. Beispielsweise waren alpine Solar-Freiflächenlagen bis zum im Herbst 2022 verabschiedeten dringlichen Bundesgesetz faktisch verboten. Das heisst nicht, dass mit der Aufhebung des Verbots nun in jedem Gebiet Anlagen gebaut würden. Besonders empfindlichen Gebiete sind auch ohne pauschale Verbote durch die Voraussetzung einer umfassenden Interessensabwägung geschützt.

Im Zuge der laufenden Beratungen des Mantelerlasses (Revisionen StromVG/EnG) ist dieser Aspekt noch in Diskussion. Positiv ist beispielsweise, dass der Ständerat Änderungen vorsieht, um die grundsätzliche Bewilligungsfähigkeit von PV-Freiflächenanlagen und Windanlagen zu verbessern. Gleichzeitig hat der Nationalrat aber auch eine Verschärfung des bestehenden, generellen Bauverbots für erneuerbare Energien in gewissen Schutzgebieten angestossen. Durch einen Einbezug der Restwasserstrecken im Verbot wären gewisse Wasserkraftprojekte gefährdet. Der Ständerat möchte diese Verschärfung nicht. Die weitere Differenzenbereinigung wird zeigen, wo die Rahmenbedingungen schlussendlich landen.

Wirtschaftlichkeit stärken

Zweitens müssen die Anlagen wirtschaftlich sein. Investitionen lassen sich aus betriebswirtschaftlicher Sicht nur dann rechtfertigen, wenn keine rote Zahlen zu erwarten sind. Ein Unternehmen, das diesen Grundsatz systematisch verletzt, wird nicht lange überleben. Im Bereich der erneuerbaren Energien bedeutet dies, dass es weiterhin wirksame Förderinstrumente braucht. Die Strompreise sind zwar aktuell hoch, Anlagen produzieren aber über 30 Jahre oder mehr, und binden viel Kapital über Jahrzehnte.

Der Mantelerlass sieht mit Investitionsbeiträgen und der gleitenden Marktprämie entsprechende Förderinstrumente vor. Hierbei wird insbesondere die Umsetzung auf Verordnungsstufe entscheidend sein. Nur wenn die Parameter der Förderinstrumente so gesetzt werden, dass sie Kosten und Risiken der Projektanten adäquat abbilden, wird die Wirtschaftlichkeit ausreichend gestärkt und Investitionsentscheide werden positiv beeinflusst. Eine solche administrierte Berechnung ist aber sehr schwierig. Besser sind Auktionen, bei denen Projektanten selbst ihren Förderbedarf angeben können und mit anderen Projekten um Förderung konkurrenzieren. So werden auch die günstigsten Projekte gefördert. Im Mantelerlass sind Auktionen aber nur für grosse Solar-Anlagen vorgesehen, wohl aus Bedenken vor mangelndem Wettbewerb bei den anderen Technologien. Schade ist hierbei, dass mit einfacheren, schnelleren Bewilligungsverfahren wohl auch mehr Wettbewerb entstehen könnte.

Unsicherheit vermeiden

Drittens darf die mit der Investition verbundene Unsicherheit nicht zu hoch sein. Das gilt für marktliche Unsicherheiten, aber insbesondere auch für Unsicherheiten bezüglich des regulatorischen Rahmens oder des Bewilligungsverfahrens. Ist ein Investor mit hohen Risiken konfrontiert, benötigt er auch eine entsprechend hohe erwartete Rendite resp. Verzinsung, um eine allfällige Investition zu rechtfertigen. Das wiederum erhöht auch den Förderbedarf.

Im Hinblick auf den Mantelerlass ist ein zeitnaher Abschluss der Beratungen wichtig, um verlässliche Rahmenbedingungen zu schaffen und damit neue Investitionen zu erleichtern. Als weiterer Aspekt sollten in den dazugehörigen Verordnungen inhaltliche Unsicherheiten vermieden werden, so etwa bezüglich der Bedingungen für Förderbeiträge. Zuletzt erhöhen aber auch unverhältnismässige Eingriffe in die Wirtschaftsfreiheit und Eigentumsgarantie die Unsicherheit von zukünftigen Investitionen. Beispielsweise schwächt die im Mantelerlass vorgesehene Verpflichtung der Speicherbetreiber zur Teilnahme an der Wasserkraftreserve nicht nur die Wirtschaftlichkeit von neuen Projekten. Sie ist auch generell ein negatives Signal bezüglich nachträglicher regulatorischer Änderungen zulasten bestehender Anlagen. Einen weiteren Fall gibt es mit Blick ins Ausland in der EU, wo als Folge der gestiegenen Energiepreise Erlöse von Stromproduktionsanlagen mit einer «Übergewinnsteuer» nachträglich abgeschöpft werden. Der Schaden dieses Eingriffes für das zukünftige Investitionsklima wird sich noch zeigen.

Projekte nicht verzögern

Viertens muss das mit der Investition verbundene Projekt in sinnvoller Zeit realisiert werden können. Bei erneuerbaren Energien sind insbesondere langandauernde Bewilligungsverfahren eine entsprechende Hürde. Benötigt beispielsweise die Realisierung eines Windparks selbst bei einem erfolgreichen Entscheid über 15 Jahre, sinkt das Interesse in entsprechende Projekte zu investieren.

Während der Mantelerlass für einzelne Anlagen die Bewilligung vereinfacht, fehlt darin eine umfassende Berücksichtigung des Themas. Noch im Juni 2023 soll der Bundesrat die Botschaft einer separaten «Beschleunigungsvorlage» verabschieden, die je nach Ausgestaltung eine gewisse Verbesserung bringen könnte. Schlussendlich werden aber gesetzliche Verbesserungen alleine die Probleme nicht vollständig lösen können. Es braucht insbesondere auch mehr Ressourcen und Fachkompetenzen bei den kantonalen und kommunalen Bewilligungsbehörden, kürzere und verbindliche Fristen für Stellungnahmen sowie eine bessere Koordination der Behörden untereinander und mit den Parteien. Die gute Nachricht ist dabei, dass diese Punkte bereits heute und ohne zusätzliche gesetzliche Grundlage angegangen werden könnten. Es braucht dafür aber den entsprechenden Willen aller Beteiligten.

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