21.01.2021 | An der Muttsee-Staumauer entsteht die grösste alpine Solaranlage der Schweiz

Winterstrom von der Staumauer

Dank der Glarner Bergsonne soll die Solaranlage an der Muttsee-Staumauer, die im Sommer 2021 gebaut wird, besonders während der Wintermonate viel Strom liefern. Axpo Projektleiter Christian Heierli erklärt, wieso dieser Winterstrom so wichtig ist.

Christian, wieso ist es überhaupt sinnvoll, auf der Muttsee-Staumauer eine Solaranlage zu installieren?

Weil sich die Staumauer ausserordentlich gut dafür eignet. Wir haben eine bestehende, erschlossene Infrastruktur und müssen keine neue Fläche bebauen. Die Staumauer ist gegen Süden ausgerichtet und damit optimal besonnt. Und die Anlage liefert einen besonders grossen Anteil Ihrer Produktion während der Wintermonate – doppelt so viel wie eine vergleichbare Anlage im Mittelland. Denn sie liegt auf 2500 Meter Höhe über Meer. Das heisst: weniger Nebel, erhöhte Produktion dank Schnee-Reflexionseffekt und höherer Wirkungsgrad aufgrund der tiefen Temperaturen.

Wieso ist es wichtig, Strom während der Wintermonate zu produzieren?

Weil die Schweiz im Winter deutlich weniger Strom produziert, als sie verbraucht. Und diese Tatsache dürfte sich in den nächsten Jahren deutlich verstärken, wenn Grosskraftwerke vom Netz genommen werden. Es gibt verschiedene Ansätze, den im Winter fehlenden Strom zu ersetzen. Man kann ihn – soweit vorhanden – importieren, man kann die saisonalen Speicher ausbauen oder man kann witterungsunabhängige Kraftwerke bauen. Ein weiterer wichtiger Ansatz ist aus Sicht von Axpo der Bau von alpiner Photovoltaik. Mit dieser Anlage wollen wir zeigen, dass das möglich ist.

Die Anlage auf der Muttsee-Staumauer wird zwar einen grossen Teil Ihrer Produktion im Winter liefern – aber im Vergleich zu den Grosskraftwerken, die abgeschaltet werden, macht das doch keinen Unterschied?

Solaranlagen in der Schweiz sind standortbedingt immer vergleichsweise klein. Der Solarstromanteil liegt landesweit im tiefen einstelligen Prozentbereich, ist aber stark ausbaubar. Es stimmt: Die Anlage auf der Muttsee-Staumauer liefert alleine keinen wesentlichen Beitrag. Man müsste weitere Standorte ausbauen, die nicht in einem Schutzgebiet liegen und die bereits gut erschlossen sind. Diese könnten in Skigebieten sein, oder eben an Staumauern. Mit der Anlage beim Muttsee wollen wir zeigen, dass es machbar ist. 

Was soll konkret an der Staumauer entstehen?

Das Projekt sieht eine Anlage mit einer installierten Leistung von 2,2 Megawatt und einer Jahresproduktion von 3,3 Gigawattstunden vor – das entspricht dem jährlichen Stromverbrauch von rund 740 Vierpersonenhaushalten. Wir werden fast 5000 Solarmodule auf 10’000 Quadratmetern Fläche installieren.

Projektleiter Christian Heierli auf der Muttsee-Staumauer

Wie kompliziert ist es, auf der Staumauer eine Solaranlage zu installieren?

Logistisch ist es recht aufwändig. Die Staumauer selbst ist über die Strasse nicht erreichbar. Es gibt zwar Stollen, die vom Pumpspeicherwerk bis zur Mauer führen. Allerdings handelt es sich dabei um Unterhaltsstollen, die nicht für den Materialtransport geeignet sind. Das Material wird also im Tal bis nach Tierfehd geliefert und später mit dem Helikopter in den Bereich der Mauer gebracht. Das Zeitfenster für diese Arbeiten ist sehr eng – die Anlage muss während des alpinen Sommers gebaut werden. Das sind gerade einmal drei Monate.

Und der viele Schnee im Winter ist kein Problem für den Betrieb der Anlage?

Wir müssen die Schneemengen natürlich in unsere Betrachtungen einbeziehen. Die Solaranlage wird in einem Winkel von 65 bzw. 51 Grad an die Staumauer montiert – steil genug, dass der Schnee abrutscht. Aufgrund der hohen Schneemengen im Winter haben wir beschlossen, im untersten Teil der Mauer keine Module zu installieren. Im Übrigen hilft uns der Schnee ja auch: dank des Reflexions-Effekts wirkt er sich positiv auf die Solarstromproduktion aus.

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