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01.07.2022 | Debatte im Ständerat über den Rettungsschirm: ein Faktencheck

Rettungsschirm: richtig oder falsch?

Der Ständerat hat am 16. Juni 2022 mehrere Stunden über den Rettungsschirm für Stromunternehmen debattiert. Im Hinblick auf die Sitzung der nationalrätlichen Energiekommission vom 4. Juli haben wir einige markige Aussagen einem Faktencheck unterzogen.

 

«Die Zeit drängt». Richtig!

  • Die aktuelle Situation betrifft die ganze europäische Strombranche. Es besteht die Gefahr eines Dominoeffekts, der auch gesunde Unternehmen in der Schweiz betreffen kann.
  • Seit Mitte 2021 und nochmals massiv verschärft durch den Krieg in der Ukraine sind die Preise an den internationalen Energiemärkten auf historisch einmalige Höhen gestiegen – mit der Folge, dass die Stromproduzenten regulierungsbedingt massiv zusätzliche Liquidität hinterlegen müssen.
  • Seit einigen Tagen sind die Gaslieferungen von Russland nochmals signifikant zurückgegangen. Die Situation hat sich erneut zugespitzt.
  • Das Geschäft zurückzuweisen und damit ein Jahr zu verlieren, wäre fahrlässig.
     

«Die Strombranche hat sich verspekuliert». Falsch!

  • Die Produzenten verkaufen den Strom aus ihren Kraftwerken bis zu drei Jahre im Voraus. Sie sichern sich so gegen zukünftige Strompreisschwankungen ab. So können sie und ihre Kunden die Energiepreise für die nächsten Jahre abschätzen und gewinnen dadurch Planungssicherheit.
  • Dieses Vorgehen, das sogenannte Hedging, ist ein bewährtes Instrument des Risikomanagements und genau das Gegenteil von Spekulation.
     

«Es droht eine Überschuldung der Unternehmen». Falsch!

  • Die Situation ist paradox. Während die Profitabilität der produzierenden Stromfirmen zunimmt, führen kurzfristige, regulatorisch bedingte Sicherheitshinterlegungen zu enorm hohem Mittelabfluss. Die Unternehmen sind gesund, das Geschäft ist lukrativ, die Zukunftsaussichten rosig und trotzdem sind Liquiditätsengpässe kurzfristig nicht auszuschliessen.
  • Die hinterlegten Sicherheitsleistungen werden spätestens bei Lieferung des Stroms wieder zurückfliessen.
  • Ein gleichzeitiges Sanierungs- oder Konkursverfahren – sollte ein Unternehmen Geld beantragen – ist deshalb nicht zielführend. Im Gegenteil: Es schadet den Unternehmen auf dem Kapitalmarkt und verhindert, dass sie sich möglichst schnell wieder vom Rettungsschirm lösen können.
     

«Ein Gesetz ist nicht nötig; der BR kann auf Notrecht zurückgreifen». Eher Falsch!

  • Das ist nicht sicher. Unter Juristen wird durchaus auch die Meinung vertreten, dass der Bundesrat Massnahmen nicht per Notrecht ergreifen könnte, wenn sie vom Parlament zuvor schon einmal abgelehnt worden sind.
  • Zudem handelt es sich um ein klares Signal an den Bundesrat, dass dieser alleine handeln soll, wenn das Parlament oder einer der beiden Räte Nichteintreten beschliesst.
     

«Andere Länder haben schon vorgesorgt». Richtig!

  • Die EU-Kommission gestattet Ausnahmen von den Regeln für staatliche Beihilfen, wenn Unternehmen Liquiditätshilfen zur Verfügung gestellt werden.
  • Andere Länder haben bereits Regelungen durchgesetzt, wie zum Beispiel Deutschland. Dort stellt die Kreditanstalt für Wiederaufbau im Auftrag der Bundesregierung Kreditlinien zur Verfügung. Insgesamt hat Deutschland rund 100 Mrd. für kurzfristige Liquiditätshilfen in Aussicht gestellt.
  • Angesichts dieser Entwicklungen scheint es wenig opportun, wenn die Schweiz trotz erkanntem Problem auf die Schaffung einer gesetzlichen Grundlage verzichtet.
     

«Es geht nicht um die Rettung einzelner Unternehmen». Richtig!

  • Der Titel der Vorlage ist unglücklich gewählt, denn es geht nicht um einzelne Unternehmen, sondern um die Versorgungssicherheit in der Schweiz.
  • Einzelne Unternehmen sind nicht systemrelevant und können Konkurs gehen.
  • Das aufgrund der aktuellen geopolitischen Lage herrschende systemische Risiko betrifft alle Marktteilnehmer gleichzeitig. Werden ein grosser oder mehrere kleine Player in Europa von der Börse ausgeschlossen, weil sie die erhöhten Liquiditätsanforderungen nicht erfüllen können, droht ein Flächenbrand.

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