«Die gleitende Marktprämie löst das Problem eleganter»

Geht es nach dem Bundesrat, gibt es bei der Förderung der erneuerbaren Energien auch in Zukunft einen «Sonderfall Schweiz». Dabei gäbe es ein System, das auf der ganzen Welt etabliert, erwiesenermassen funktionstüchtig und darüber hinaus hocheffizient ist. Christoph Sutter, Leiter Neue Energien bei Axpo, über seine Erfahrungen mit der «gleitenden Marktprämie» im internationalen Umfeld.

 

Christoph, in der Schweiz soll es – nach dem Willen des Bundesrates – auch in Zukunft Investitionsbeiträge für die Förderung von erneuerbaren Energien geben. Axpo setzt sich aber zusammen mit weiten Teilen der Branche für eine «gleitende Marktprämie» ein. Worin liegt der Unterschied?

Christoph Sutter: Der grosse Unterschied ist: Der Investitionsbeitrag wird in jedem Fall ausbezahlt. Das heisst, wer den besten Preis offeriert, erhält den Zuschlag und damit auch den Investitionsbeitrag. Fördergeld fliesst, egal ob die Anlage später rentabel ist oder nicht. Die gleitende Marktprämie löst das Problem eleganter. Der Staat garantiert dem Projektbetreiber, der am günstigsten offeriert, während 15 bis 20 Jahren einen Preis pro produzierter Megawattstunde. Fördergeld fliesst nur, wenn der Markpreis unter dem offerierten Preis liegt. In diesem Fall erhält der Betreiber die Differenz. Das macht die gleitende Marktprämie viel effizienter als die vorgesehenen Investitionsbeiträge. Dass das funktioniert, sehen wir bei unserer Arbeit in Deutschland und  Frankreich Dieses Auktionierungssystem hat sich eigentlich rund um den Globus etabliert.

Das heisst aber auch: Mit der gleitenden Marktprämie trägt der Staat das ganze Marktrisiko und der Investor ist fein raus?

Christoph Sutter: Nein. Das Marktrisiko wird mit diesem Modell abgefedert und zwischen Staat und Investor aufgeteilt. Risiken zu reduzieren, ist die Grundidee jeder staatlichen Förderung. Investiert wird nur, wenn Risiken überschaubar sind. Das Volk will ja, dass es schneller vorwärts geht mit dem Ausbau der Erneuerbaren. Deshalb steht eine Förderung überhaupt zur Diskussion. Leider setzt der Bundesrat mit den Investitionsbeiträgen den Hebel am falschen Ort an. Denn die grosse Unsicherheit beim Ausbau der Erneuerbaren liegt nicht in der Erstinvestition, sondern im künftigen Strompreis. Im Betrieb sind die Anlagen jahrelang den Schwankungen des Marktpreises ausgesetzt. Das ist die grosse Unbekannte. Und die gleitende Marktprämie mindert dieses Risiko.

In Zukunft sollen die Förderbeiträge so oder so auktioniert werden. Macht es da einen Unterschied, ob Investitionsbeitrag oder Marktprämie? Schliesslich gewinnt sowieso das beste Angebot.

Christoph Sutter: Wir sollten uns schon überlegen, bei welchem System am Schluss mehr erneuerbare Energie pro Förderfranken rausspringt.  Die gleitende Marktprämie funktioniert so gut, dass sie sich auf der ganzen Welt durchgesetzt hat. Sie bringt genau die Förderung die es braucht, damit es vorwärtsgeht und kostet keinen Franken, bzw. Euro mehr als nötig. Im Gegensatz dazu wird der Investitionsbeitrag auch fällig, wenn die Anlage später hochrentabel ist. Es würden also auch Anlagen gefördert, die es gar nicht nötig haben. Wir setzen uns stattdessen für eine möglichst marktnahe Förderung ein. Was wir auf jeden Fall vermeiden wollen ist eine unnötige Überförderung.

Umstritten ist bei der gleitenden Marktprämie auch die Dauer der Förderung. Während Investitionsbeiträge einmal ausbezahlt würden, verpflichtet sich der Staat bei der Marktprämie während Jahren.

Christoph Sutter: Die Frage ist: Soll der Staat einmalig viel, oder während Jahren wenig Fördergeld auszahlen. Dass der Staat mit den Investitionsbeiträgen besser fährt, ist ein Irrglaube. Wie erwähnt: Die grosse Unsicherheit bei der Investition in Erneuerbare ist und bleibt der künftige Strompreis. Und dieses Risiko wird jedes wirtschaftlich handelnde Unternehmen bei seinem Gebot für einen Investitionsbeitrag einpreisen. Das Risiko wird abgegolten, auch wenn die Marktpreise später gut sind.

Christoph Sutter
«Wir sollten uns schon überlegen, bei welchem System am Schluss mehr erneuerbare Energie pro Förderfranken rausspringt.»
Christoph Sutter

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