15.04.2021 | Die EU setzt auf die Wasserstoffwirtschaft und die Integration des Energiesystems

EU Wasserstoffstrategie

Die Europäische Kommission will die EU zur Vorreiterin beim Einsatz von Wasserstoff als Energieträger machen. 2020 stellte sie ihre Wasserstoffstrategie vor («A hydrogen strategy for a climate-neutral Europe») vor, deren Ziel es ist, bis 2050 die Nutzung von Wasserstoff auf breiter Ebene möglich zu machen.

Vorrang soll dabei grüner Wasserstoff haben, der mit erneuerbarem Strom erzeugt wird; übergangsweise sollen aber auch andere Herstellungsprozesse, z. B. mit Erdgas als Ausgangsstoff oder unter Einsatz von anderer Energieträgern gefördert werden.

Die Europäische Kommission verspricht sich von der Umsetzung der Wasserstoffstrategie die Erreichung verschiedener Ziele:

  • Die Erreichung einer kohlenstoffneutralen EU, indem auch Sektoren dekarbonisiert werden, die der direkten Elektrifizierung nicht zugänglich sind;
  • Eine bessere Integration von Wind- und Sonnenstrom mit Wasserstoff als Speichermedium;
  • Die Überwindung der durch den Covid-19-bedingten Lockdown entstandenen wirtschaftlichen Schäden, insbesondere durch umfangreiche Subventionen für die Wasserstoffwirtschaft aus dem EU Recovery Deal;
  • Die Schaffung neuer Arbeitsplätze im Rahmen der Wasserstoffwirtschaft;
  • Die Bekämpfung von Fluchtursachen durch die Schaffung von Lieferketten mit Ländern ausserhalb der EU im Rahmen der EU Energieaussenpolitik.

Die Wasserstoffstrategie ist Ergebnis eines Paradigmenwechsels, der aufgrund von Zweifeln an der Dekarbonisierung der Europäischen Union allein durch die Elektrifizierung und erneuerbaren Strom entstand. Ausserdem soll Wasserstoff dazu beitragen, die bislang wenig dekarbonisierten Bereiche Industrie, Mobilität (Schwerlast/Schifffahrt/Luftfahrt) und den Gebäudebereich einzubinden.

Europäsicher Grüner Deal…

Die EU Wasserstoffstrategie ist Teil des Europäischen Grünen Deals und sieht drei Phasen vor:

  1. Bis 2024 soll die Produktion von grünem Wasserstoff auf eine Millionen Tonnen pro Jahr steigen;
  2. Bis 2030 soll die Produktion von grünem Wasserstoff auf zehn Millionen Tonnen pro Jahr;
  3. Ab der Zeit zwischen 2030 und 2050 soll grüner Wasserstoff bereits in systemrelevantem Umfang hergestellt werden.

(Zum Vergleich: Derzeit werden in der EU knapp 10 Millionen Tonnen Wasserstoff pro Jahr aus und mit fossilen Energieträgern hergestellt.)

Unterstützung erhält die EU Wasserstoffstrategie u. a. aus den Niederlanden, das im Zusammenhang mit dem Ende der Förderung von Erdgas aus dem Groningen-Gasfeld auf der Suche nach alternativen Nutzungen für die vorhandene Erdgasinfrastruktur ist und aus Deutschland, das ebenfalls letztes Jahr seine nationale Wasserstoffstrategie vorgestellt hatte. 

Bis 2024 soll die Produktion von grünem Wasserstoff auf eine Millionen Tonnen pro Jahr steigen
…und der Energiesektor

Mitte 2020 stellte die Europäische Kommission ebenfalls ihre Strategie für besser integrierte Energiesysteme vor («Powering a climate-neutral economy: An EU Strategy für Energy Sector Intergation»). Dabei geht es neben der besseren Integration und ganzheitlichen Planung der Strom und Erdgaswirtschaft auch um eine bessere Einbindung von Energieproduktion und -verbrauch und um eine integrierte Energie- und Industriestrategie. Instrumente sind sowohl ein Ausbau der Elektrifizierung als auch die Nutzung von Wasserstoff als Transport- und Speichermedium.

Mit konkreten Gesetzesvorschlägen der Europäischen Kommission zur Wasserstoffwirtschaft ist Ende 2021 zu rechnen. Derzeit laufen Umfangreiche Vorbereitungsarbeiten; so bereitet z. B. das Europäische Parlament seine Position im Hinblick auf das anstehende EU Gesetzgebungsverfahren im Rahmen eines «Initiativberichts über eine europäische Wasserstoffstrategie» vor, der Ende April 2021 vom Europäischen Parlament verabschiedet werden soll.

Die Schweiz gehört zu den Mitunterzeichnern einer im Juni 2020 veröffentlichten Erklärung des Pentalateralen Forums zur baldigst möglichen Schaffung einer grünen Wasserstoffwirtschaft in Europa; darin wird u. a. die Europäische Kommission aufgefordert, entsprechende Gesetzesvorschläge zu machen. Ausserdem verpflichten sich die Unterzeichner zu einer engen Zusammenarbeit im Bereich Wasserstoff. Mitunterzeichner sind Belgien, Deutschland, Frankreich, Luxemburg, die Niederlande und Österreich. 

Guy Bühler, Head Hydrogen at Axpo
Axpo und Wasserstoff

Der kontinuierliche Ausbau der erneuerbaren Energien, den Axpo als Projektentwicklerin für Solaranlagen und Windparks international schon seit Jahren forciert, muss einhergehen mit dem Ausbau der Infrastruktur für die Energiespeicherung und zusätzlichen Lösungen zur weiteren Reduzierung von CO2-Emissionen. Insbesondere der Energieträger Wasserstoff wird in Zukunft eine bedeutende Rolle für die erneuerbare Energiewelt spielen. Seit Anfang 2021 baut Axpo mit dem Team Hydrogen unter der Leitung von Guy Bühler, Head Hydrogen bei Axpo, dieses Geschäftsfeld gezielt aus.

Für Axpo bietet auch der Aufbau einer europäischen Wasserstoffwirtschaft neue Geschäftsmöglichkeiten. Zum einen werden sich industrielle Grossverbraucher neuen Anforderungen im Hinblick auf Energieeffizienz und bezüglich der Reduktion ihrer Treibhausgasemissionen ausgesetzt sehen; zum Ausgleich für die entstehenden Umstellungskosten ist mit umfangreichen Zuschüssen auf EU und nationaler Ebene zu rechnen. Hier ergibt sich Beratungsbedarf bei bestehenden Kunden bzw. die Möglichkeit, die Beziehung zu bestehenden Kunden auszubauen.

Seit April ist Axpo ausserdem Mitglied im Europäischen Wasserstoffverband Hydrogen Europe und wurde zeitgleich in die European Clean Hydrogen Alliance aufgenommen: Hierbei handelt es sich um eine Plattform der Europäischen Kommission, die Europäische Wasserstoffprojekte ermöglichen soll, indem sie Projektpartner zusammenführt.

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