20.01.2017 | Warum Meteorologie für den Energiesektor sehr wichtig ist

Es wettert – auch bei Axpo

Wettervorhersagen werden für Energieversorgungsunternehmen immer bedeutender. So plant Axpo etwa Preise und Reserven nach den Wetterdaten.

Dass die Anlagen des Kernkraftwerks Beznau im Sommer zu Revisionszwecken vom Netz genommen werden, ist kein Zufall: Solch alljährlich anfallenden Reinigungs- und Wartungsarbeiten werden vornehmlich dann vorgenommen, wenn der Energieverbrauch der Bevölkerung am tiefsten ist – was nachweislich im Sommer der Fall ist. Den Strombedarf decken in diesem Zeitraum die Wasserkraftwerke.

Nicht nur der einfache Bürger ist den Launen der Natur ausgesetzt. Auch Axpo ist in hohem Masse vom Wetter abhängig. Wobei der Begriff „Wetter" gemäss Jivko Jekov, Head Power & Fuels Trading bei Axpo, weit auszulegen ist. Er umfasst Sonne, Niederschläge, Wasser, Schneehöhen und Licht.

Neben Jekov treffen wir Felix Vogt, Head Dispatching & Balancing, und Remo Beerli, Weather Analyst, zum Gespräch. Von ihnen, die bei ihrer täglichen Arbeit bei Axpo mit obengenannten Wetterphänomenen konfrontiert sind und diese in ihre Überlegungen (mit-)einfliessen lassen, erhoffen wir uns einen Einblick in die Thematik Axpo und das Wetter.

Wetter mit grossem Einfluss

Die Ausgangslage ist eigentlich äusserst simpel. Beim Kauf und Verkauf von Strom geht es darum, sich bestmögliche Preise und Mengen zu sichern. Bei diesem Punkt kommt das Wetter ins Spiel: Bei Sonnenschein oder starkem Wind produzieren Solar- und Windkraftanlagen viel Energie. Als unmittelbare Konsequenz sinkt der Preis für Strom. Wird es dagegen kalt, was zur Folge hat, dass die Heizungen aufgedreht werden, steigt der Energieverbrauch – und somit auch der Preis, den die Händler für den Strom berappen müssen.

Kurz: Der Verbrauch und die Auslastung der Stromnetze und der Kraftwerke werden durch das Wetter stark beeinflusst. Wetterprognosen können dabei bis zu einem gewissen Grad über Erfolg oder Misserfolg eines Energieunternehmens mitbestimmen.

Gigantische Datenmengen

Vor diesem Hintergrund leuchtet ein, dass alles daran gesetzt wird, so früh wie möglich alle Eventualitäten in die Planung miteinzubeziehen und sich auf verschiedene Szenarien einzustellen. Hierfür zuständig ist Remo Beerli, der „Wetterfrosch" im Hause Axpo und Herr über zahlreiche Prognoseinstrumente. Um Prognosen zu erstellen, durchforstet er unzählige Quellen und Datensätze. Dazu gehören globale Modelle (amerikanische, europäische, kanadische etc.), die die Physik der Atmosphäre abbilden. „Wichtig ist es, eine grosse Breite abgebildet zu haben, um herauszufinden, was die Bandbreite der möglichen Wetterentwicklungen ist. In einem nächsten Schritt geht es darum, das wahrscheinlichste Szenario zu bestimmen", sagt Remo. Die gewonnenen Informationen gibt er an die Händler weiter.

Die hohe Kunst besteht darin, die riesigen Datenmengen in verwertbares und nützliches Wissen zusammen zu fassen. Nur wenn der Wetterfrosch die „richtigen" Inhalte aus den Daten gefiltert hat, können die Händler und Betreiber von Wind- und Wasserkraftwerken daraus Nutzen ziehen.

Ausgeprägte Wechselwirkungen

Während in der Vergangenheit die globale Betrachtung von Wetterphänomenen nicht gross im Fokus von Energieunternehmen gestanden hatte, hat sich dies in den letzten Jahren drastisch gewandelt. Die gegenseitigen Wechselbeziehungen sind heute ausgeprägter denn je: „Je nach Ausmass kann ein Hurrikan in Nordamerika den Strompreis in der Schweiz beeinflussen – und somit direkte Implikationen auf Axpo haben", weiss Remo. Dabei könne es vorkommen, dass eine Überschwemmung in Kolumbien (und der zu erwartende Preisanstieg bei der Kohle) einen grösseren Einfluss auf den Strompreis hat, als die Menge an Windkraft, die gerade ins Netz eingespiesen wird, ergänzt Felix Vogt.

Entscheidend ist also mitunter nicht die geographische Nähe zum Wetterereignis, sondern das Ausmass der möglichen Folgen von Wettereinfüssen oder -phänomenen auf den Energiemarkt.

In Sachen Wettervorhersagen nimmt der Klimawandel – man staune! – indes keine zentrale Rolle ein. Laut Remo ist dieser im täglichen Business, das auf Phänomene wie Tage, Wochen, Monate oder Jahre fokussiert, zu „langsam", um berücksichtigt zu werden. „Aber natürlich führt der Klimawandel, der ein Faktum ist und dazugehört, zu einer langsamen Verschiebung der Wahrscheinlichkeit für das Auftreten von verschiedenen Wetterereignissen, die man als Meteorologe berücksichtigen muss", sagt er.

Wetterdienst für Mitarbeitende

Für die Axpo-Mitarbeiterinnen und -mitarbeiter ist Remo natürlich auch eine Anlaufstelle für Wettervorhersagen. Klassisch sei etwa die Frage nach der richtigen Ausrüstung für die anstehende Mittagspause. Und: „Bei langanhaltendem, schlechtem Wetter werde ich mitunter gar als Hauptschuldiger gegeisselt", sagt er lachend.

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