30.07.2025 | Stark beschädigtes Kraftwerk Grono der Elettricità Industriale SA (ELIN) nach 320 Tagen wieder teilweise am Netz
Die Kraftwerksanlagen der ELIN im Misox wurden durch ein Unwetter schwer beschädigt. Wie bringt man es möglichst schnell wieder ans Netz? Mit Einsatz, Expertise, Teamarbeit – und mit rund 20 Expertinnen und Experten aus der Geschäftseinheit Engineering bei der Division Hydro & Biomasse von Axpo.
Es war kurz, heftig, verheerend. Im Juni 2024 hat im Bündner Südtal Misox ein Unwetter von seltener Intensität gewütet. In einer Stunde kamen bis zu 75 Liter Regen pro Quadratmeter herunter. Die Folgen: zwei Todesopfer, eine vermisste Person – und massenhaft zerstörte Infrastruktur.
Betroffen waren auch sechs Wasserkraftwerke der Axpo: Stark beschädigte Wasserfassungen, überschwemmte Kraftwerksareale, blockierte Zufahrtsstrassen und eine verschobene Druckleitung. Mit Abstand am härtesten aber traf es die Anlage Grono der Elettricità Industriale SA (ELIN) mit der Stauanlage Roggiasca, der Zentrale Grono und mehreren Wasserfassungen. Oder, wie es Felix Hansmann sagt: „Es war fast ein Totalschaden“. Als Ressortleiter Baulicher Unterhalt im Engineering der Division Hydro & Biomasse verantwortet er als Gesamtprojektleiter die Räumungs- und Instandstellungsarbeiten der beschädigten Misoxer Kraftwerke. Zudem waren Mitatbeitende der Kraftwerksgruppe Misox für den Support vor Ort zuständig.
Die Schadensbilanz bei der Anlage Grono war erdrückend. Die Wasserfassungen? Teilweise zerstört, mit Geröll und Baumstämmen zugedeckt. Der Stausee Roggiasca? Grossflächig mit Baumstämmen bedeckt. Und der Seegrund meterhoch mit Geschiebe gefüllt. Der Grundablass? Bis auf eine Höhe von rund 10 Metern mit Sedimenten bedeckt und verstopft. Der fast vier Kilometer lange Druckstollen vom Stausee zum Wasserschloss? Auf der ganzen Länge mit über einem Meter Schlamm bedeckt. Der Druckstollen zur Zentrale Grono? Gefüllt mit rund 120 Kubikmeter Ablagerungen. Der Kugelschieber in der Zentrale Grono? Durch Holzstücke blockiert. Hinzu kamen viele kleinere Beschädigungen an verschiedenen Anlageteilen. An ein Weiterbetrieb des Kraftwerks war nicht zu denken.
Wie geht man bei so einem umfassenden Schadensbild vor? Wo fängt man an? „Als erstes brauchten wir einen möglichst genauen Überblick über alle Schäden“, sagt Felix Hansmann. Einfacher gesagt als getan. Denn die Zufahrtstrassen und Wanderwege waren nach dem Unwetter beschädigt bzw. blockiert, und bei allen Bauwerken musste zuerst sichergestellt werden, dass keine weiteren Naturgefahren (Wasser, Steinschlag, Instabilitäten) drohten. „Als zweites brauchten wir umfangreiche Konzepte, wie wir die Instandstellungsarbeiten sicher angehen könnten“. Da praktisch alle Anlagenteile betroffen waren, brauchte es dafür umfangreiches Fachwissen. „Zum Glück konnten wir die meisten Arbeiten mit internen Kräften planen und umsetzen“, erklärt Felix Hansmann. Die Liste der Axpo Fachabteilungen, die in den letzten 12 Monaten im Einsatz waren, ist tatsächlich lang: Projekt – und Bauleitung, Bau, Talsperren, Geologie/Naturgefahren, Umwelt, Vermessung, Stahlwasserbau, Konstruktion, Mechanik, Elektrotechnik, Versicherung und mehr. „Alles in allem waren von Axpo rund 20 Fachleute und Experten im Einsatz“. Hinzu kam der grosse Einsatz des Betriebspersonals vor Ort der Kraftwerksgruppe Misox sowie rund fünf weitere externe Mitarbeitende (Naturgefahren sowie örtliche Bauleitung).
Sie hatten in den letzten zwölf Monaten alle Hände voll zu tun. Über 200 Tonnen Baumstämme wurden mit Hilfe von Pontons und Kranen aus dem Stausee Roggiasca geholt. Danach wurde dieser durch eine Spülung gemäss einem detaillierten Konzept und begleitet von einem genauen Monitoring vollständig geleert. Nur so konnten die Mitarbeitenden die rund 40‘000 Kubikmeter Ablagerungen aus dem Seegrund entfernen und so den Grundablass sowie das Einlaufbauwerk des Triebwassers freilegen. Der Druckstollen wiederum musste in mühsamer Kleinarbeit freigeschaufelt bzw. in einer zweiten Phase gespült werden. Die beschädigten Wasserfassungen lagen in schwierigem Gelände, entsprechend anspruchsvoll war deren Räumung und Instandstellung. „Das Teamwork war hervorragend, innerhalb von Axpo profitierten wir von viel Fachwissen und den kurzen Wegen“, bilanziert Hansmann.
Bei der Stufe Grono sind ab Anfang Mai 2025 zwei von drei Turbinen in der Zentrale Grono nach einem Ausfall von rund 320 Tagen wieder in Betrieb. Die dritte soll bis Ende Jahr folgen. Die Stufe Lostallo, bei welcher durch das Unwetter eine Druckleitung verschoben wurde, konnte bereits nach 39 Tagen wieder in Betrieb genommen werden. Der enorme Aufwand für die Instandstellung hat auch ein Preisschild: Rund 8 Mio. Franken kostete die Sanierung, davon sind rund zwei Drittel durch die Versicherung gedeckt. Hinzu kommen die Produktionsausfälle, die nur zu einem kleinen Teil von der Versicherung getragen werden. Immerhin, dank ihrem grossen Kraftwerkspark, konnte Axpo diesen Ausfall relativ gut kompensieren.
Axpo: Führend in der Wasserkraft
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