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08.09.2020 | Ausbaupotenzial bestehender Speicherseen in der Schweiz

Höhere Staumauern für mehr Winterstrom

Die Schweiz soll künftig mehr Strom aus erneuerbaren Energien produzieren. Insbesondere für den Winter, wenn der Stromkonsum hierzulande hoch ist. Als Saisonspeicher kämen dabei Power-to-X-Lösungen – die derzeit alle noch sehr teuer sind – und Speicherseen in Frage. Eine neue Studie zeigt nun: Mit einer Erhöhung der Staumauern bei 26 grossen Speicherseen in der Schweiz könnten bis knapp 3 TWh/a Strom zusätzlich vom Sommer in den Winter verlagert werden.

Wegen des Klimawandels und aufgrund der Energiestrategie 2050 des Bundes soll in der Schweiz noch stärker als bisher auf erneuerbare Energie gesetzt werden. Gleichzeitig warnt die Eidgenössische Elektrizitätskommission, die über die Versorgungssicherheit der Schweiz mit Strom wacht, im Zusammenhang mit der Energiestrategie immer deutlicher vor einem zunehmenden Strommangel im Winterhalbjahr und einer zunehmenden Importabhängigkeit der Schweiz.

Der schrittweise Ausstieg aus der Kernenergie und der damit verbundene Wegfall der Schweizer Atomstrom-Produktion von 24 TWh pro Jahr, respektive 13 TWh/a im Winter wird dieses Problem noch verschärfen. 

Deshalb wird es zunehmend wichtig, mehr Strom im Winterhalbjahr zu produzieren, respektive ihn umzulagern. Stauseen sind solche Saisonspeicher. Sie verfügen im Vergleich mit Power-to-X-Lösungen zudem über einen vielfach höheren Wirkungsgrad. Und es gibt in der Schweiz ein Ausbaupotenzial.

Der Stand heute

Bereits heute tragen die Schweizer Stauseen wesentlich dazu bei, Strom vom Sommer in den Winter zu verlagern. Also in jene Zeit, wo von den jährlich durchschnittlichen 60 TWh Stromverbrauch in der Schweiz rund 57 Prozent (34 TWh) benötigt werden. Die Schweizer Stauseen haben ein Nutzvolumen von rund 3800 Mio. m3.

Der Wasserspiegel in den Speicherseen variiert nicht jedes Jahr gleich über die volle Höhe zwischen Stau- und Absenkziel. Stauseen werden in der Praxis nicht ganz gefüllt, um zusätzliches Wasser (Regen/Abflüsse bei Tauwetter) zurückhalten und zur Stromproduktion nutzen zu können. Sie werden in der Regel auch nicht ganz entleert, um auch im Frühling eine gewisse Flexibilität in der Produktion zu bewahren. Im Durchschnitt werden von den 8,8 TWh Speicherkapazität der Stauseen pro Jahr rund 6,5 TWh – also gut 70 Prozent – genutzt.

Studie zeigt Potenzial

In einer neuen, vom Schweizerischen Wasserwirtschaftsverband publizierten Studie, wurde nun das energiewirtschaftliche Potenzial eines Ausbaus der bestehenden Speicherseen untersucht. Dabei wurden verschiedene Ausbauoptionen der 38 Speicherseen in den Schweizer Alpen mit einem bestehenden Nutzvolumen von mindestens 20 Mio. m3 systematisch untersucht. Für Erhöhungen dieser Talsperren um 5, 10 oder 20 Prozent wurden die erforderlichen Anpassungen im Stauraum, an den Sperren und ihren Nebenanlagen und an den zugehörigen Kraftwerken betrachtet und mittels acht Kriterien bewertet (Details siehe Link am Ende des Artikels).

Von den als gut oder mässig eingeschätzten Ausbauoptionen wurden die zusätzlichen Energieinhalte der vergrösserten Speicher abgeschätzt. Das Resultat: Ein Ausbau von 17 bis 26 der total 38 untersuchten Stauseen ermöglicht es, 2,2 bis 2,9 TWh Strom pro Jahr vom Sommer- auf das Winterhalbjahr umzulagern. Damit, so die Studie, «könnte die Elektrizitätsproduktion der schweizerischen Speicherwasserkraftwerke im Winterhalbjahr von 48 auf 59 bis 62 Prozent der Jahresproduktion gesteigert werden». 

Die Bogenstaumauer Mauvoisin wurde 1989 bis 1991 um 13,5 m auf 250 m erhöht.

Pluspunkte eines Ausbaus

Folgend Aspekte sind für den Ausbau von bestehenden Stauseen durch die Erhöhung der Staumauern laut Studie günstig:

  • Da das Volumen von bestehenden Stauseen oft deutlich kleiner ist als das jährliche Volumen der Zuflüsse, kann durch die Erhöhung der Staumauer mehr Energie in den Winter umgelagert werden.
  • Die zusätzliche, zeitweise überflutete Fläche ist im Vergleich zu derjenigen bei einem Neubau eines Speichersees relativ klein, Im günstigsten Fall sind vor allem Fels und Geröll betroffen, was die Akzeptanz entsprechender Projekte verbessern kann.
  • Aufgrund der üblichen Talstrukturen, in denen Schweizer Stauseen stehen, nimmt das Volumen der Seen durch eine Erhöhung der Talsperre überproportional zu. Das zeigt auch ein Blick in die 1990er Jahre. Damals wurden die Bogenstaumauern Mauvoisin und Luzzone, an denen Axpo beteiligt ist, erhöht. Die Mauern wurden dabei 6 respektive 8 Prozent höher – das Stauvolumen stieg um 17 beziehungsweise 23 Prozent. Und beim Kraftwerk Russein, das zu 60 Pozent Axpo Hydro Surselva gehört, wurde 2015 die Staumauer Barcuns um 5 Meter erhöht. Dadurch stieg das Seevolumen von 115 000 m3 auf 210 000 m3.
  • Bogenstaumauern sind in der Schweiz bei grösseren Speicherseen der vorherrschende Talsperrentyp. Sie weisen oft Tragreserven auf – daher wären Erhöhungen solcher Mauern bis zu einem bestimmten Mass mit relativ geringem baulichen Aufwand möglich.
  • Bei bestehenden Stauseen verfügen die Betreiber über oft jahrzehntelange Erfahrungen etwa über das Verhalten der Sperre, des Untergrunds oder der Seehänge – und die Akzeptanz der Bevölkerung ist relativ hoch, weil sie den Nutzen der Seen etwa im Bereich Hochwasserschutz zu schätzen weiss.
     

Investitionen möglich machen

Knapp 3 TWh/a könnten durch eine Erhöhung von Staumauern bei 26 grossen Speicherseen also potenziell vom Sommer in den Winter umgelagert werden. «Das entspricht einem Viertel des im Winterhalbjahr wegfallenden Stroms aus Schweizer Kernkraftwerken und wäre somit ein relevanter Beitrag an die Winterversorgung», sagt Roger Pfamatter, Geschäftsführer des Schweizerischen Wasserwirtschaftsverbandes. Und: «Ob solche Speichervergrösserungen tatsächlich umgesetzt werden, hängt massgeblich von den wirtschaftlichen Anreizen ab.»

Untenstehend gibt es die ganze Studie aus dem Magazin «Wasser Energie Luft» des Schweizer Wasserwirtschaftsverbandes als pdf.

Axpo mit viel Wasserkraft

In der Schweiz werden rund 60 Prozent der Elektrizität aus Wasserkraft produziert. Es sind pro Jahr durchschnittlich 36,5 TWh Strom. Dazu tragen mit 47 Prozent auch die über 80 Stauseen mit den dazugehörigen Kraftwerken bei. Als grösste Produzentin von erneuerbaren Energien betreibt Axpo viele Speicherkraftwerke in der Schweiz. Sie liefern bereits heute wichtigen Winterstrom.

Speicherkraftwerke haben einige Vorteile. Meist in den Alpen gelegen, halten sie das Wasser in höher gelegenen Stauseen zurück. Bei Bedarf wird das gespeicherte Wasser unter Ausnutzung einer Höhendifferenz und unter grossem Druck auf unten im Tal liegende Turbinen abgelassen, die einen Stromgenerator antreiben. So können sie ihre Produktion an den tagesaktuellen und den jährlichen Bedarf anpassen und produzieren wertvolle Spitzenenergie Auch Axpo ist an verschiedenen Speicherkraftwerken in der Schweiz beteiligt. Wo diese liegen, kann man auf dieser Karte sehen. 

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